10. März 2018
Sehr geehrte Chefredakteure, sehr geehrte leitende Redakteurin, sehr geehrter Herr Prantl,
ich bin Leserin der SZ und habe einen ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit.
Ich bin Mutter und Großmutter. Ich mag mir gar nicht vorstellen, wie es den Müttern und Großmüttern, den Kleinkindern und Kindern und Männern in dem Kriegsgebiet in Syrien geht, hier insbesondere in und um Afrin.
Mir ist es unerträglich, dass der dreckige, menschenverachtende und völkerrechtswidrige Krieg der Türkei gegen die Kurdinnen und Kurden in Syrien nicht nur u. a. mit deutschen Waffen geführt wird, sondern auch dass er in den deutschen Medien nicht die Beachtung findet, derer es bedarf. Ist es nicht so, dass die wohl in Wahrheit geplante Auslöschung der Kurdinnen und Kurden mit der der ArmenierInnen vergleichbar ist? Wollen wir das hinnehmen? Was nützt es den Ermordeten, dass in 50 oder 100 Jahren beschlossen werden wird: das war ein Genozid?
Wie Sie den aktuellen Infos hier unten entnehmen können, die Sie vielleicht schon haben, wird mit Hilfe der deutschen Behörden auch auf deutschem Boden gegen die Kurdinnen und Kurden in einer Weise agiert, die aus meiner Sicht falsch, ja gefährlich ist und der Türkei zuarbeitet.
Mich interessiert auch: Kann ich mich als deutsche Staatsbürgerin außerhalb Deutschlands noch frei bewegen, obwohl ich dem Mezopotamien Verlag Bücher abgekauft habe, u. a. von Abdullah Öcalan?
Welche Haltung hat die SZ zur Einstufung der PKK? Was halten Sie von der Meinung, die das Grundrechtekomitee vertritt?
Frieden ist die Mutter aller Dinge. Bitte setzen Sie mit der Süddeutschen Zeitung alle Ihre Möglichkeiten ein, dem Frieden zu dienen.
Sehr besorgt um unsere Demokratie
G. L.
Hintergrund
Seit gestern durchsuchen Polizeieinsatzkräfte aus Nordrhein-Westfahlen und Rheinland-Pfalz die Räumlichkeiten des Buchverlags Mezopotamien und des Musikunternehmens Mir Multimedia. Die Durchsuchungen werden auch heute fortgesetzt. Sieben LKW-Ladungen Bücher und andere Materialien wurden bisher beschlagnahmt. Der kurdische Dachverband NAV-DEM (Demokratisches Gesellschaftszentrum der KurdInnen in Deutschland) verurteilt die Razzien und ruft zur Solidarität mit den betroffenen Einrichtungen auf.
„Wir wissen, dass dieses Vorgehen in direktem Zusammenhang mit dem Besuch des türkischen Außenministers Çavu?o?lu in Berlin zu tun hat. Wir wissen auch, dass das repressive Vorgehen gegen uns die Folge der großen Solidarität ist, die in den letzten Wochen und Monaten auf deutschen Straßen für die Menschen in Afrin gezeigt wurde. Die Bundesregierung scheint nun sich dafür rächen zu wollen, dass wir alle gemeinsam ihre schmutzigen Waffendeals mit der Türkei an die Öffentlichkeit getragen haben. Ihre Repressionen werden uns allerdings nicht davon abhalten, die Tatsachen beim Namen zu nennen. Wir sagen es nochmals ganz deutlich: Aktuell werden auch mit deutschen Waffen Zivilisten in Afrin ermordet. Wir rufen deshalb die Öffentlichkeit dazu auf, gemeinsam mit uns weiterhin klar Stellung gegen den schmutzigen Krieg in Afrin zu beziehen. Wir rufen auch dazu auf, Solidarität mit dem Mezopotamien Buchverlag und mit Mir Multimedia zu zeigen. Denn heute sind es die Bücher des kurdischen Buchverlags, die beschlagnahmt werden. Morgen könnten schon andere kritische Bücher betroffen sein“, so Kaplan von Nav Dem.